Bimos Magazin - Ziele des BGM

Die Ziele des betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM)

Bevor Sie ein betriebliches Gesundheitsmanagement in Ihrem Unternehmen implementieren können, müssen Sie die Ziele festlegen, die Sie damit erreichen möchten. Diese können unterschiedlicher Natur sein. Damit Sie den Erfolg messen und somit feststellen können, ob Ihre BGM Maßnahmen wirken, sind konkrete Zahlen hilfreich.


Es gibt verschiedene strategische Ziele, die mit dem BGM verfolgt werden können



Ziele mit konkreten Zahlen

  • Reduktion von Fehlzeiten: In der spanlosen Metallbearbeitung lagen die krankheitsbedingten Fehltage pro AOK-Mitglied 2018 beispielsweise im Durchschnitt bei 29,4. In Ihren Unterlagen sehen Sie, was für Fehlzeiten in Ihrem Unternehmen dominieren. Sie können ein konkretes Ziel angeben, das Sie durch verschiedene betriebliche Gesundheitsmaßnahmen erreichen möchten – beispielsweise den Durchschnitt der Fehlzeiten innerhalb eines Jahres um zwei Tage zu senken.
  • Prävention typischer Berufskrankheiten: In der Metallindustrie gab es 2018 unter 100 AOK-Mitgliedern durchschnittlich 41,4 Fälle von Erkrankungen des Muskel- oder Skelett-Apparats oder des Bindegewebes. Sie können sich das Ziel setzen, die Anzahl derartiger typischer Krankheiten in Ihrer Branche binnen zweier Jahre um den Faktor 5 zu senken. Um die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter zu steigern, können Sie im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements eine Kombination mehrerer Maßnahmen anbieten. Es bieten sich die ergonomische Umgestaltung des Arbeitsplatzes, ein Sportangebot und Schulungen zu risikoarmen Bewegungen an.
  • Risikominimierung für Unfälle: Die Metallindustrie hatte 2018 pro 1.000 AOK-Mitgliedern 113 Arbeitsunfälle zu verzeichnen. Schauen Sie sich die Zahl der Arbeitsunfälle in Ihrem Unternehmen an und setzen Sie sich ein konkretes Ziel – beispielsweise eine Verringerung um zehn Prozent innerhalb eines Jahrs. Hilfreich beim Erreichen des betrieblichen Ziels können eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung, Schulungen zur Verhaltensprävention, zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen und Schutzkleidung sein. Die Prävention von Arbeitsunfällen und die allgemeine Risikominimierung findet im betrieblichen Gesundheitsmanagement immer auch mit Blick auf Vermeidung von Frühberentung statt.
  • Steigerung der Qualität und der Produktivität: Wenn Sie betriebliche Maßnahmen durchführen, die Ihre Mitarbeiter motivieren und dazu führen, dass sie über die ganze Arbeitszeit hinweg konzentriert und fokussiert sein können, senken Sie die Fehlerquote. Die Qualität der Produkte steigt ebenso wie die Produktivität. Je nach Maßnahmen, die Sie durchzuführen gedenken, können Sie verschieden starke Auswirkungen erwarten. Halten Sie die aktuelle Fehlerquote fest und setzen Sie eine Reduktion um eine realistisch erscheinende Prozentzahl an. Bedenken Sie immer, das die Besserung ein Prozess ist, der Zeit braucht.
  • Reduktion der Kündigungen: Eine hohe Fluktuation führt zu immer neuen Einarbeitungszeiten und zum Verlust von Fachkräften. Schauen Sie sich die aktuellen Kündigungszahlen an und setzen Sie sich ein realistisches Ziel, wie sehr sie sich innerhalb des nächsten Jahres senken lassen. Um es zu erreichen, müssen Sie dafür sorgen, dass die Arbeitnehmer sich in Ihrem Unternehmen wohler fühlen – Sie müssen Ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern. Eine Mitarbeiterbefragung mit anonymisierten Fragebögen kann Ihnen zeigen, an welchen Stellen hier Optimierungsbedarf besteht. Die betriebliche Gesundheitsförderung und ein verständnisvolles Eingliederungsmanagement für Rekonvaleszente werden von Arbeitnehmern oft als positiv betrachtet.



  • Ziele ohne konkrete Zahlen

    Wie der Mitarbeiter sich im Unternehmen fühlt, kann von verschiedenen Faktoren abhängen. Vielleicht gibt es Punkte in den einzelnen Abteilungen, von denen Sie in der Chefetage nicht einmal etwas ahnen. Es kann sein, dass Ihre Mitarbeiter nur mit Bauchschmerzen zur Arbeit kommen, während Sie denken, dass alles in Ordnung ist. Daher gibt es auch Ziele für das BGM, die sich nicht mit konkreten Zahlen festlegen lassen, etwa:

    • Steigerung von Motivation, Zufriedenheit und Wohlbefinden
    • Vertrauen und Identifikation mit dem Unternehmen stärken
    • Kollegialität und Atmosphäre verbessern
    • als Arbeitgeber attraktiv wirken


    Diese Ziele sind insgesamt eher unkonkret, zielen sie doch auf gefühlte Wahrheiten ab. Vor allem in Unternehmen, in denen beispielsweise wegen Mobbings schon lange eine ungute Atmosphäre herrscht, lässt sich das negative Grundgefühl nicht so leicht abstellen. Um herauszufinden, wie groß der betriebliche Optimierungsbedarf tatsächlich ist, sollten Sie eine Mitarbeiterbefragung durchführen: Es reicht nicht, wenn Sie nur die Führungskräfte zu Wort kommen lassen. Auf anonymisierten Fragebögen geben Ihre Mitarbeiter jeweils auf einer Skala von 1 bis 10 an, wie wohl sie sich fühlen, wie sehr sie sich mit dem Unternehmen identifizieren, wie sie den Zusammenhalt unter den Kollegen einschätzen und wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie ihren Arbeitgeber weiterempfehlen würden. Es ist wichtig, dass an nichts erkenntlich ist, wer den Fragebogen ausgefüllt hat. Nur so werden Ihre Angestellten völlig ehrlich sein und nur dann ergibt eine derartige Analyse Sinn.

    Sie können anhand der Durchschnittspunktzahlen festlegen, welche der "weichen" Ziele Sie verbessern möchten, und danach Ihre Strategien festlegen und die Maßnahmen auswählen. So haben Sie doch wieder Zahlen geschaffen, mit denen Sie arbeiten können: Beispielweise können Sie sich vornehmen, Zufriedenheit und Wohlbefinden der Mitarbeiter durch das betriebliche Gesundheitsmanagement innerhalb der nächsten zwei Jahre von fünf auf sieben Punkte zu steigern.


    Operative Ziele hängen von der individuellen Situation ab



    Um die strategischen Ziele zu erreichen, müssen Sie operative Ziele anhand der aktuellen Situation in Ihrem Unternehmen erarbeiten. Im Normalfall bietet sich stets eine Mischung aus präventiven und korrektiven Maßnahmen an. Es wird – und das sollten Sie auch im Vorfeld so kommunizieren – nicht möglich sein, eine Umsetzung aller möglichen Strategien zu gewährleisten. Dafür sind in so gut wie keinem Unternehmen die Ressourcen vorhanden.

    Der Gesundheitsmanager oder alternativ ein anderer Verantwortlicher aus dem Gesundheitszirkel sollte darauf achten, dass die Umsetzung ausgewählter Ziele für die größtmögliche Optimierung sorgt. Bei der Festlegung der operativen Ziele konzentrieren Sie sich daher auf die Veränderungen, die am dringendsten geschehen sollten:

    • Ist der Krankenstand alarmierend hoch, initiieren Sie entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung akuter Leiden und zur allgemeinen Gesundheitsförderung.
    • Verlassen zu viele Mitarbeiter das Unternehmen, müssen Sie in Erfahrung bringen, warum dem so ist. Danach lassen sich die geeigneten Strategien erarbeiten und zur Umsetzung bringen.
    • Leidet die Qualität der Produkte, eruieren Sie gemeinsam mit Ihren Führungskräften und Mitarbeitern die Gründe dafür. Mit dieser Information können Sie die Prozesse initiieren, die den Missstand abschaffen.
    • Fällt es Ihnen schwer, geeignete Arbeitnehmer zu finden, helfen die Lektüre von Bewertungen des Unternehmens als Arbeitgeber ebenso weiter wie anonyme Befragungen Ihrer Mitarbeiter. Die Analyse der Daten ermöglicht es Ihnen, die problematischen Punkte abzustellen.


    Sie können für Ihr betriebliches Gesundheitsmanagement grundsätzlich mehrere Ziele ins Auge fassen und die geeigneten Maßnahmen durchführen. Allerdings dürfen es nicht zu viele werden, da sonst die alltäglichen Arbeitsabläufe zu stark gestört werden. Auch die Mitglieder des Gesundheitszirkels verlieren sonst leicht den Überblick und der Erfolg leidet unter der allzu breiten Verteilung der Maßnahmen. Die Strategie des BGM sollte stets klar erkennbar und leicht zu verfolgen sein.

    Beim Festlegen der notwendigen operativen Ziele helfen Ihnen wiederum die Daten zu Fehltagen, Fehlerquoten und Arbeitsunfällen. Aber auch die Mitarbeiterbefragung sollten Sie heranziehen: Aus den Fragebögen können Sie ersehen, welche Probleme als große Belastung empfunden werden. Wird hier häufig ein belastender Umstand genannt, den Sie bei den Maßnahmen des BGM nicht berücksichtigen, kann das Ihre Angestellten verstimmen.


    Beispiele für Zielsetzungen des BGM



    Die folgenden Beispiele zeigen, wie sich bestimmte Zielsetzungen für Ihr betriebliches Gesundheitsmanagement durch konkrete Maßnahmen erreichen lassen. Es handelt sich um fiktive Fälle, die so in Unternehmen vorkommen können.


    Konkreter Rückgang von Fehltagen + Steigerung der physischen Gesundheit

    Wenn Sie die Fehltage wegen Krankheit in Ihrem Unternehmen durch das BGM spürbar senken möchten, müssen Sie herausfinden, an welchen Erkrankungen Ihre Mitarbeiter vorwiegend leiden. Dies lässt sich durch anonymisierte Fragebögen herausfinden – niemand ist allerdings dazu verpflichtet, Ihnen hier Auskunft zu erteilen.

    Daher ist es wichtig, dass Sie allen Mitarbeitern am besten im Rahmen einer Veranstaltung erklären, dass und weshalb Sie ein betriebliches Gesundheitsmanagement einführen möchten. Bei Verständnis und Akzeptanz bekommen Sie relativ vollständige Daten für eine zielführende Analyse.

    Wissen Sie, woran die Arbeitnehmer in Ihrem Unternehmen häufig leiden, können Sie im BGM konkrete Maßnahmen ergreifen, um dagegen vorzugehen. Bei Erkrankungen des Muskel-Skelett-Apparats etwa gibt es mehrere Möglichkeiten:

    • ergonomische Verbesserungen der Arbeitsplätze
    • Krankengymnastik
    • Sportangebot (Kurse und/oder Vergünstigungen im Fitnesscenter)
    • Massageservice (kann zum Beispiel einmal die Woche ins Unternehmen kommen)


    In diesem Fall geht die Steigerung der physischen Gesundheit, also das zweite Ziel, mit dem ersten einher.

    Leiden andererseits viel Ihrer Mitarbeiter wegen langer Schichten im Sitzen unter Übergewicht und Verdauungsproblemen, müssen Sie das Problem anders angehen: Auch hier kann sich die Kooperation mit einem Fitnessstudio lohnen. Allerdings können Sie zusätzlich für die Gesundheitsförderung in der Kantine kalorienarme und gesunde Mahlzeiten anbieten lassen. Auch Schulungen über gesunde Ernährung und die Integration von mehr Sport in den Alltag im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements können zum Erfolg beitragen.


    Prävention Berufskrankheiten + Wiedereingliederungsmaßnahmen

    Bei der Prävention von Berufskrankheiten gilt es zunächst zu untersuchen, welche das sind. Im Falle der oben mehrfach als Beispiel angeführten Metallindustrie sind es vor allem Erkrankungen des Muskel- und Skelett-Apparats, die auf die Dauer auftreten können. In diesem Fall würden sich für das BGM ähnliche Maßnahmen wie unter a) anbieten.

    Darüber hinaus können Sie Mediziner analysieren lassen, welche der Bewegungen bei der Arbeit besondere Belastungen hervorrufen. Dann können Sie Strategien entwickeln, wie die Mitarbeiter stattdessen agieren sollen, oder Sie schaffen Hilfsmittel an, die für eine Entlastung sorgen. Im Rahmen von Schulungen erfahren Ihre Mitarbeiter dann, wie sie sich selbst vor den häufigen Erkrankungen schützen können.

    Kommen Kollegen zurück ins Unternehmen, die wegen einer Krankheit oder eines Arbeitsunfalles länger ausgefallen waren, sind besondere Maßnahmen erforderlich: Rät der Arzt davon ab, dass der Mitarbeiter seinen alten Job weiter ausübt, erhält er eine Umschulung und neue Aufgaben. Haben sich in seiner Abwesenheit die Arbeitsorganisation, das Arbeitsgerät, die Abläufe oder die genutzten Programme verändert, bekommt er eine sorgfältige Schulung. Er wird vom Eingliederungsmanagement begleitet, bis er sich in seinem Job wieder zurechtfindet, und hat stets einen Ansprechpartner. Es ist auch wichtig, dass die zuständige Person darauf achtet, ob es zu einem Rückfall kommen könnte.


    Reduktion Kündigungen + Steigerung der Produktivität

    Gleichzeitig die Kündigungen zu reduzieren und die Produktivität zu steigern, ist für das betriebliche Gesundheitsmanagement ein ehrgeiziges Gesamtziel. Es ist wichtig, dass Sie über Mitarbeiterbefragungen herausfinden, warum so viele Angestellte sich schon bald nach etwas Neuem umsehen (dies ist besonders häufig in Unternehmen der Fall, in denen die Mitarbeiter in Schichtarbeit tätig sind). Welche Maßnahmen Sie im BGM dagegen durchführen, hängt mit den Antworten ab.

    Vielleicht müssen Sie

  • Stress für die Mitarbeiter reduzieren, indem Sie die Arbeitsabläufe oder die Pausenverteilung verändern
  • die Arbeitsplätze in ergonomischer Hinsicht verbessern
  • Schulungen durchführen, um das Betriebsklima zu optimieren
  • die Gehälter überdenken


  • oder andere Schritte unternehmen, um der Unzufriedenheit entgegenzuwirken. Oft hilft es, wenn Sie die Unternehmenskommunikation verbessern und Ihre Mitarbeiter mehr einbeziehen. Werden sie ernst genommen, erhöht das im Normalfall schon Ihre Attraktivität als Arbeitgeber. Unterstreichen Sie dies, indem Sie Anregungen aus den Fragebögen aufgreifen.

    Soll gleichzeitig die Produktivität gesteigert werden, gilt es herauszufinden, woher die Unkonzentriertheit und die Fehlerquote stammen. Auch hier kann es sein, dass letzten Endes die durchgeführten Maßnahmen des BGM zur Erreichung beider Zielsetzungen beitragen. Es ist allerdings schwieriger, die richtigen Maßnahmen zu identifizieren, weil Sie die Gründe für die Probleme nicht einfach den Krankenstandakten entnehmen können.


    Fazit: Die Ziele des BGM bestimmen die Maßnahmen



    Bei der Festlegung der Ziele des BGM gehen Sie vom großen Maßstab zum kleineren über. Zunächst legen Sie die strategischen Ziele fest: Was muss auf jeden Fall verbessert werden? Wenn Sie direkt mit konkreten Zahlen arbeiten, haben Sie ein tatsächliches Ziel vor Augen und können Ihren Erfolg messen. Nach den strategischen Zielen folgen die operativen. Diese richten sich nach der tatsächlichen Situation im Unternehmen und adressieren Missverhältnisse in Gesundheit, Produktivität und Wohlbefinden, die es geradezurücken gilt.

    Für die Erreichung der operativen Ziele des betrieblichen Gesundheitsmanagements müssen die geeigneten Maßnahmen ergriffen werden. Es ist wichtig, dass Sie sich auf einige wenige Maßnahmen beschränken, die am meisten zur Erreichung der Ziele beizutragen versprechen. Sonst verlieren Sie sich in gut gemeintem, aber nicht zielführenden Aktionismus.


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