Bimos Magazin - ESD-Arbeitsplätze richtig planen, ein Leitfaden - Bimos Magazin

ESD-Arbeitsplätze richtig planen, ein Leitfaden - Bimos Magazin

Sie ist allgegenwärtig und ein alltäglicher Begleiter: Die elektrostatische Entladung oder auch ESD (electrostatic discharge). Das Knistern beim Überziehen eines Pullovers, abstehendes Haar, der Schlag der Autotür oder der Funke der buchstäblich zwischen zwei Menschen überspringt: All dies ist ESD. Im täglichen Leben löst sie nur einen kurzen Schreck aus und ist schnell wieder vergessen.

Kommt die Entladung allerdings mit Halbleiterbauelementen eines elektronischen Bauteils in Berührung, kann durch einen einzigen Funken ein Totalschaden entstehen. Etwas zu trockene Luft reicht bereits aus, um Entladungen mit 10.000 Volt zu provozieren. Doch es genügen bereits 30 Volt, um Schäden an Halbleiter-Bausteinen zu verursachen. Erst ab 3000 Volt spürt der Mensch die Entladung. Unternehmen aus der Elektroindustrie müssen darum genau darauf achten, die Funkenschläge zu verhindern. ESD selbst kann nicht unterbunden oder verhindert werden. Der richtige Weg führt über die kontrollierte Ableitung der Ladungen. Um das zu erreichen, muss ein ESD-Arbeitsplatz entsprechend ausgestattet sein. In diesem Beitrag möchten wir Ihnen aufzeigen, worauf bei der Planung eines ESD-Arbeitsplatzes zu achten ist.


Ein gut geplanter ESD-Arbeitsplatz senkt Risiken und Kosten


ESD-Schutz bewahrt Ihr Unternehmen nicht nur vor finanziellen Schäden, sondern bietet auch einen Wettbewerbsvorteil und fördert ein gutes Image. Denn Schäden, die durch ESD entstanden sind, werden oft erst durch den Kunden bemerkt. Es folgen nicht nur für das Unternehmen teure, sondern auch für den Kunden umständliche Reparaturen und entfallene Nutzungszeit des Geräts. Das schlägt sich früher oder später auf den Ruf Ihres Unternehmens nieder. Ein Electrostatic Protected Area (EPA) einzurichten ist deshalb bei der Arbeit mit empfindlichen Bauelementen unverzichtbar. In diesem elektrostatisch geschützten Bereich können die Mitarbeiter bedenkenlos arbeiten ohne verborgene Schäden befürchten zu müssen.

Bei der Planung eines ESD-Arbeitsplatzes müssen die Bereiche
  • Tische und Stühle,
  • Personenerdung,
  • Messtechnik,
  • Werkzeug,
  • Markierungen,
  • Fußboden und
  • Lagerung
berücksichtigt werden. Alles, was mit den Bauteilen in Berührung kommt, muss in die Planung einbezogen werden. Bedenken Sie, dass alle aktiven Bauteile grundsätzlich ESD-empfindlich sind. Mit einem gut durchdachten ESD-Schutzkonzept können Sie die Entladungen kontrollieren und die Qualität Ihrer Produkte sicher stellen.


Die Bedarfsplanung für ESD-Arbeitsplätze


Am Anfang Ihrer Planung steht die Frage nach dem "Wie viel?". Stellen Sie nicht nur einen Plan für Ihre aktuelle Situation auf. Wie viele Arbeitsplätze brauchen Sie jetzt und wie viele können in der Zukunft hinzukommen? Bedenken Sie, dass Ihre Abteilung sich möglicherweise vergrößern kann. Für diesen Fall sollten Sie die Möglichkeit einräumen, im ESD-Schutzbereich weitere Arbeitsplätze einzurichten oder sogar den EPA zu erweitern.

Jeder Gegenstand muss regelmäßig Kontakt zur Erdung haben. Dies geschieht entweder über die Berührung des Mitarbeiters, der die Ladungen durch direkten Kontakt in den Boden ableitet. Oder über den ständigen Kontakt des Gegenstandes zur Erdung. Darum müssen alle Gegenstände im Raum leitfähig sein. Gegenstände mit Bodenkontakt müssen zudem auf leitfähigen Bodenmatten oder auf einem entsprechend präparierten Boden stehen, Tische müssen mit Tischmatten ausgestattet sein, die Ladungen von der Tischplatte über den Menschen zum Boden leiten. Jeder Arbeitsplatz benötigt nicht nur einen ESD-schützenden Tisch und Stuhl. Auch alle weiteren Gegenstände wie Behälter oder Werkzeuge müssen ESD-geschützt sein und zu jeder Zeit muss über entsprechende Materialien die Erdung gewährleistet sein. Stellen Sie also zunächst einen Plan auf, was und wie viel benötigt wird, um später Engpässe von benötigten Gegenständen aus geeigneten Materialien zu vermeiden.


So sollte ein ESD-Schutzraum ausgestattet sein


Bevor es an das Einrichten der Arbeitsplätze geht, muss der Raum entsprechend vorbereitet werden. Dabei haben Sie die Wahl, ob Sie eine Schutzzone ausschließlich um die jeweiligen Arbeitsplätze errichten wollen oder den gesamten Raum EPA-konform gestalten wollen.

Grundlegend sollten alle Gegenstände innerhalb der Schutzzone ableitfähig sein. Um die Ladungen entsprechend zu erden, ist ein geeigneter Boden nötig. Der ESD-Boden kann fest installiert oder in Form einer Matte ausgelegt werden. Sowohl eine Bodenmatte, als auch ein fest installierter ESD-Boden ist mit leitfähigen Drähten durchzogen und mit einer Erdung verbunden. Der Boden muss durch regelmäßige Messungen ständig überprüft werden. Nur so ist es gewährleistet, dass unerwünschte Ladungen abgeleitet werden.

Elektronische Bauteile sind meist sehr filigran und werden mit fortschreitender Technik immer kleiner. Eine gute Ausleuchtung ist darum unumgänglich. Dafür sind arbeitsplatznahe und schwenkbare Leuchten und Lupen nötig. Setzen Sie dabei unbedingt auf spezielle ESD-Leuchten. Ableitende Materialien und Beschichtungen sorgen für eine gute Leitfähigkeit. Vermeiden Sie Kunststoffe und achten Sie bei der Wahl der Leuchten auf eine ergonomische Nutzbarkeit. Auch bei Verkleidungen des Raumes und im Umkleidebereich ist ein Verzicht auf Kunststoffe angebracht. Schwach leitende Materialien fordern plötzliche elektrostatische Entladungen geradezu heraus. Metalldurchzogene Verkleidungen, geerdete Spinde aus Metall und ESD-Matten im Umkleidebereich sorgen für ausreichend Schutz.

Um einen zuverlässigen Schutz im EPA zu schaffen, können Sie Ionisatoren installieren. Sie laden die Teilchen der Luft elektrisch auf und macht die Luft dadurch schwach leitfähig. Zusätzlich zu den Maßnahmen in einer ESD-Schutzzone können überspringende Funken dadurch vermieden werden.

Zu guter Letzt dürfen Markierungen nicht außer Acht gelassen werden. ESD-Schutzzonen sollteen nur durch entsprechend geschulte Mitarbeiter oder intensiv gebriefte Gäste betreten werden. Beschilderungen und Bodenmarkierungen helfen bei der Orientierung.

ESD-geschützte Einrichtung vermeidet unliebsame Entladungen


Jeder ESD-Arbeitsplatz benötigt eine Einrichtung, die dem ESD-Schutz dient. Kunststoffe, Styropor oder nicht ESD-geeignete Mappen sollten Sie aus dem ESD-Schutzraum fernhalten. Stattdessen müssen alle Werkzeuge, Maschinen und andere Gegenstände leitfähig sein. Die internationale Norm IEC 61340-5-1 regelt die Vorgaben für einen ESD-Schutzraum. Der ESD-Arbeitsstuhl sollte normgerecht komplett aus leitfähigem Material bestehen, damit Ladungen über den Boden abgeleitet werden können und außerdem den Richtlinien der Ergonomie entsprechen. Auch der Tisch muss diese Kriterien erfüllen, damit sowohl ESD-gerechtes als auch gesundes und effizientes Arbeiten möglich ist. Um ein ergonomisches Arbeiten zu ermöglichen, müssen alle Werkzeuge und Materialien leicht erreichbar sein. Dafür sind Aufbauten, Schubladen und Ablagen nötig. Über Kontaktpunkte müssen alle Einrichtungsgegenstände mit dem Tischgestell verbunden sein, damit die Ableitung zum Boden gewährleistet ist.
Grundlegend gilt: Kein Gegenstand am ESD-Arbeitsplatz darf einen Ableit- und Oberflächenwiderstand von 1x109 O überschreiten.


Die Welt der besten ESD-Stühlen


Der Mitarbeiter am ESD-Arbeitsplatz


Der Mensch stellt im ESD-Schutzraum die größte Gefahr dar. Betritt er die Schutzzone ohne entsprechende Kleidung wie leitfähige Schuhe oder einen Kittel, sind unkontrollierte Entladungen vorprogrammiert. Achtung: Die meisten Entladungen bemerkt der Mensch nicht einmal. Gewöhnliche Kleidung, Haut und Haare laden sich schnell auf und halten die Ladung lange Zeit fest, um sich dann schlagartig zu entladen. Jeder Mensch, der mit elektronischen Bauteilen in Kontakt kommt, muss eine entsprechende ESD-Schulung durchlaufen. Im Schutzraum werden ableitfähige Schuhe und ein ESD-Kittel getragen. Zusätzlich wird jeder Mitarbeiter mit einem Handgelenkerdungsband ausgestattet. Während der Arbeit kommt das Armband ständig in Kontakt mit der leitfähigen Tischmatte und sorgt dadurch für eine regelmäßige Erdung des Mitarbeiters.


Kontrolle ist der beste Schutz vor elektrostatischer Entladung

Elektrostatische Entladungen können und sollten nicht unterbunden werden, denn sie sind allgegenwärtig. Stattdessen ist es besser, sie zu kontrollieren. Am ESD-Arbeitsplatz ist das durch die Kombination aus allen im Artikel genannten Maßnahmen möglich. Achten Sie auf die Norm IEC 61340-5-1. Werkzeuge und Einrichtungsgegenstände, die diese Norm erfüllen, können in Verbindung mit einer funktionierenden Ableitung durch den Boden bedenkenlos im ESD-Schutzraum eingesetzt werden. Bedenken Sie bei der Planung Ihres ESD-Schutzraumes alle Faktoren: Die ESD-konforme Ausstattung des Raumes, eine ergonomische und normgerechte Einrichtung der Arbeitsplätze und die Aufklärung und Kleidung des Mitarbeiters. Weitere Informationen zu den wichtigsten ESD - Normen finden Sie übrigens ebenfalls in unserem Magazin: "Die wichtigsten ESD Normen und Vorschriften im Überblick".

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